Alexandra
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Reportage: Demenz - Ein Netz, das hält

Zum Tag der Gesundheit begleiten wir Pflegefachfrau Alexandra bei Ihren Einsätzen. Sie kümmert sich um die Pflege und Betreuung von Menschen mit Demenz. 

«Sie hätten die Banane ganz schälen können», sagt Herr G. «Ja, das hätte ich. Aber Sie können das ja auch», antwortet Pflegefachfrau Alexandra, welche die Bananenschale davor nur aufgerissen hat. Gezielt unterstützt sie Herrn G. in seinem Alltag, lotet die Grenzen des Möglichen immer wieder aufs Neue aus. «Das ist schon so», murmelt Herr G. resigniert und beginnt mit dem Schälen. Es dauert eine Weile, bis die Frucht von der Schale befreit ist. Dann nimmt er eine Tablette nach der anderen. Eine macht das Blut dünner, eine andere glättet die Stimmungsschwankungen, eine beruhigt den Darm – insgesamt sind es acht. 

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Vertraute Pflege mit Empathie 

Herr G. ist an Demenz erkrankt. Er lebt allein in seiner Zweizimmerwohnung mitten in Zürich. Rosen, Lilien und Orchideen verraten seine Liebe zu Blumen. Mitarbeitende von Spitex Zürich besuchen ihn dreimal jeden Tag. Sie helfen ihm bei der Körperpflege, stellen sicher, dass er alle seine Medikamente regelmässig einnimmt, besorgen den Einkauf und gehen mit ihm spazieren. Seine Wäsche wäscht eine Nachbarin. Auch die Kinder sind in die Betreuung eingebunden. Nur dank dieser engmaschigen Begleitung kann Herr G. noch in seinem Zuhause leben. Es gehört zu den Aufgaben von Pflegefachfrau Alexandra, alle Fäden in der Hand zu haben. Sorgfältig hat sie ein Netz aufgebaut, das Herrn G. durchs Leben trägt. Sie ist es, welche das Zusammenspiel aller Akteure koordiniert und es laufend an die Lebensumstände von Herrn G. anpasst. 

Alexandra

 

Herr G. erzählt von den Kriegsjahren, als er für Lebensmittelmarken anstehen musste. Wie sein Vater eingezogen wurde, die Mutter ihn und seine Schwester allein betreute. Von ausgedehnten Spaziergängen am Wochenende, die oft dort endeten, wo der Vater stationiert war. «So konnten wir uns wenigstens ab und zu sehen.» Mit Fingerspitzengefühl motiviert Alexandra Herrn G., das bereitgestellte Brötchen und die Banane zu essen sowie den Cappuccino zu trinken. Ihr ist auch nicht entgangen, dass da noch eine kleine Tablette liegt, die wie ein Brotkrümel aussieht. Geduldig wartet sie, bis auch diese geschluckt und mit einem grossen Schluck heruntergespült ist. Bei Menschen, die an Demenz erkranken, verändern sich oft der Geschmackssinn sowie das Hunger- und Trinkgefühl. Herr G. vertraut Alexandra und lässt sich deshalb behutsam leiten. 

Memory Care als Hauptgeschäftsfeld

Laut Alzheimer Schweiz leben in der Schweiz schätzungsweise rund 153‘000 Menschen mit Demenz. Jährlich kommen fast 33‘000 Neuerkrankungen hinzu. Spitex Zürich hat alle Teams, die sich um die Pflege und Betreuung von Menschen mit Demenz kümmern, im Hauptgeschäftsfeld «Memory Care» zusammengefasst. Daneben gibt es Pflegefachpersonen, die ihr Expertenwissen laufend erweitern und in die Organisation tragen. Mit internen Schulungen und Begleitungen durch Fachcoachs wird sichergestellt, dass alle Kundinnen und Kunden stadtweit nach einheitlichen und den neusten wissenschaftlichen Standards gepflegt werden. 

Auf dem Weg

 

Inzwischen hat sich Alexandra von Herrn G. verabschiedet. Sie besucht weitere Kundinnen und Kunden, misst deren Blutdruck, richtet Medikamente, cremt Füsse und Beine ein. Und schüttelt auch immer wieder Bettwäsche aus. «Ich liebe das!», sagt sie verschmitzt. 

Am Morgen ist sie bei Kundinnen und Kunden. Mancher Nachmittag ist geprägt von Administrativem und Organisatorischem: Sie hat wahrgenommen, dass eine Kundin gar oft Wasserlassen muss und vermutet eine Blasenentzündung. Dies will sie mit dem zuständigen Hausarzt besprechen. Bei einer anderen Kundin wünschen die Angehörigen ein Gespräch, das Einkaufen bei einem weiteren Kunden muss anders organisiert werden. All ihre Vereinbarungen dokumentiert sie sorgfältig, damit ihre Arbeitskolleginnen und -kollegen bei den Einsätzen stets auf dem Laufenden sind. «Ich mag meinen Beruf: die Abwechslung, die Flexibilität und die Kundinnen und Kunden!»