Interview mit Daniela Bühler
Zurück zu Aktuelles

Vom Spitalbett ins Wohnzimmer

Wie unterscheidet sich die Pflege im Spital von jener bei der Spitex? Daniela Bühler, COO bei Spitex Zürich, gibt im Interview mit dem Tages-Anzeiger spannende Einblicke in ihren Berufsalltag und spricht über die besondere Nähe zu den Kundinnen und Kunden im eigenen Zuhause.

Vom Spitalbett ins Wohnzimmer

Im Spital basiert Pflege auf Teamarbeit vor Ort. Bei der Spitex hingegen sind die Mitarbeitenden eigenständig unterwegs und betreuen die Menschen in ihrem Zuhause. Dadurch entsteht eine andere Art der Nähe, die mit besonderen Herausforderungen verbunden ist. 

Daniela Bühler ist eine erfahrene Fachkraft in der Pflege. Seit rund 30 Jahren ist sie in diesem Beruf tätig. Nach ihrer Ausbildung sammelte sie zunächst viele Jahre Erfahrung im Spital, bevor sie vor 18 Jahren zu Spitex Zürich wechselte. Dort durchlief sie verschiedene Positionen: Sie begann als Pflegefachfrau mit der direkten Pflege und Betreuung, übernahm anschliessend die Fallführung und Teamleitung und ist heute Mitglied der Geschäftsleitung. Ausschlaggebend für ihren Wechsel zu Spitex Zürich war für sie damals die bessere Vereinbarkeit von Beruf und Familie. «Die Schichtarbeit wurde zunehmend belastender, und ich sehnte mich nach mehr Regelmässigkeit», erinnert sie sich. Bei Spitex Zürich gibt es für die nächtliche Betreuung ein eigenes Team und dank der Grösse der Organisation können zudem flexible Arbeitsmodelle angeboten werden. «Mit fast 100 Teams und insgesamt rund 1500 Mitarbeitenden in Pflege, Hauswirtschaft und Support versuchen wir, individuelle Wünsche so weit wie möglich zu berücksichtigen. Auch wenn das die Planung gelegentlich herausfordert, ist es uns ein grosses Anliegen», erklärt Daniela Bühler. 

Zwischen Nähe und Professionalität 

Auch der Arbeitsort trägt massgeblich dazu bei, dass sich die Arbeit bei der Spitex von der Pflege im Spital unterscheidet. Während im Spital die Abläufe und Regeln weitgehend von Ärztinnen, Ärzten und Pflegefachpersonen bestimmt werden, ist die Situation bei der Spitex komplexer. Die Pflege findet in den privaten vier Wänden der Kundinnen und Kunden statt, was eine besondere Nähe mit sich bringt. «Wir sind dort zu Gast und das prägt unsere Haltung», erklärt Daniela Bühler und ergänzt: «Es erfordert eine angepasste Kommunikation und ein ständiges Gleichgewicht zwischen Nähe und Professionalität». Gleichzeitig bietet die Pflege daheim jedoch die Möglichkeit, sich ganz auf den Menschen zu konzentrieren. Etwas, das im hektischen Spitalalltag oft schwierig ist, weil man jederzeit durch den Arzt, die Ärztin, andere Patientinnen und Patienten oder den Zeitplan unterbrochen werden kann. «Die Abhängigkeiten untereinander sind im Spital grösser und auch die Glocke kann ein hoher Stressfaktor sein», erinnert sich Daniela Bühler. Natürlich gibt es auch bei der Spitex zeitliche Vorgaben und durch den Fachkräftemangel kann es zu Engpässen kommen. «Aber wenn man vor Ort ist, dann ist man ganz beim Kunden», sagt die Pflegefachfrau. 

Quote von Daniela Bühler

 

Mobil und selbständig 

Im Spital arbeitet man im Team, kann sich austauschen und in schwierigen Situationen auch mal gegenseitig unterstützen. Bei der Spitex zwar auch im Team, doch die Mitarbeitenden sind allein unterwegs. Herausfordernde Situationen wie Aggression - beispielsweise von dementen Menschen - muss man im Moment allein aushalten . Die Bewältigung wird später im Team gemacht. «Wir bieten unseren Mitarbeitenden in solchen Fällen jedoch Supervision an, um das Erlebte gemeinsam zu reflektieren und zu verarbeiten», erklärt Daniela Bühler. Wer bei der Spitex arbeitet, muss zudem vorausschauend denken: «Wenn man unterwegs ist, kann man nicht schnell ins Zimmer nebenan, um das Medikament zu holen», so Daniela Bühler. Unterwegs sein ist bei der Spitex Programm. Die Mitarbeitenden der Spitex Zürich fahren mit dem Velo oder Auto durch die ganze Stadt. Dafür braucht es einen guten Orientierungssinn und je nach Verkehrslage auch mal starke Nerven. Die Arbeit unterwegs kann aber auch ein Vorteil sein: «Man hat zwischen den Einsätzen Zeit, die Gedanken neu zu sortieren und den Kopf zu Lüften», weiss Daniela Bühler.